𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 6

Background color
Font
Font size
Line height

 POV: Talion

Nach meinen Worten herrschte Schweigen.

„Nimmst du die Herausforderung an, Rûk?", fragte Roan und wandte sich zu seinem Sohn um.

„Ja, das tue ich.", sagte Rûk und schritt durch die Reihen der Krieger nach vorne, bis wir gegenüberstanden. Die Krieger scharrten sich in einem großen Kreis um uns. Rûk griff nach seinem Säbel, während ich meinen Einhänder zog.

Die Krieger kratzten einen Kreis in die staubige Erde. Niemandem von uns war es erlaubt, diesen Kreis zu verlassen. Dieser Kampf ging solange, bis jemand aufgab und da es um die Ehre unseres Landes ging, würde keiner von uns beiden klein beigeben.

Ich musterte Rûk mit dem typischen Blick eines Kriegers, während ich in Verteidigungsposition ging. Wenn man den Gerüchten glaubte, war Rûk ein guter Krieger, der nach der typischen Art der Eiswölfe kämpfte. Schnell und hart. Außerdem sollte er flink sein.

Wir hatten uns seit Jahren nicht mehr gesehen und unsere letzten Übungskämpfe lagen lange zurück. Deshalb beschloss ich, seinen ersten Angriff abzuwarten, um mir sein Angriffsmuster anzuschauen.

Rûk würde jetzt wahrscheinlich annehmen, dass ich wie ein normaler Drachenwandler kämpfen würde. Langsam und stark. Doch so war es nicht. Ich benutzte nicht den typischen Stil, sondern eine Mischung aus dem der Aranen und den der Drachenwandler. Ich war über alle Maßen flink und sehr gerissen.

Die Umgebung für unseren Kampf war mir bestens bekannt und ich wusste genau, wie ich ein paar Tricks einsetzen würde.

Rûk musterte mich aus zusammengekniffenen Augen, während wir uns langsam umkreisten. Ich tat gelassen, wusste aber, dass ich ihn irgendwie dazu bringen musste, zuerst anzugreifen. „Na, ist der Sohn der Eiswölfe wirklich so schwach? Hat er nichts Besseres drauf, als seinen Gegner anzustarren?", provozierte ich ihn mit einem Lächeln.

Rûk ging besser darauf ein, als ich erwartet hatte. „Warte es ab.", hauchte seine Stimme dicht an meinem Ohr. Wie war er so schnell bei mir gewesen?

Nur dank meiner guten Reflexe konnte ich ihm noch ausweichen. Sein Säbel schnitt dort durch die Luft, wo eben noch meine Hand gewesen war.

Ich merkte, dass ich seine Schnelligkeit unterschätzt hatte. Dennoch konnte ich jetzt nicht einfach aufgeben! Nun war ich froh, dass ich früher meine Reflexe trainiert hatte. Es gelang mir, auch Rûks nächsten Angriffen auszuweichen.

Dann war es an der Zeit, zurückzuschlagen. Ich musste angreifen! Rûks größte Stärke war seine Schnelligkeit und ich vermutete, dass er besser im Angriff war, als in der Verteidigung. Wenn ich also schnell genug wäre und es schaffte, ihn mit ein bisschen Technik zu täuschen, würde mir vielleicht ein guter Schlag gelingen.

Ich führte meinen Fuß schnell über den trockenen Boden und wirbelte so eine Staubwolke auf. Inmitten dieser sauste ich auf Rûk zu. Dieser sah den Angriff kommen und wehrte ihn ab. Ich war jedoch noch lange nicht fertig. Ich sprang elegant auf seinen Säbel und stieß mich von diesem ab, sodass ich in der Luft über ihm war. Ich vollführte eine Drehung und schaffte es, ihm mit meinem Fuß einen heftigen Schlag zu verpassen.

Er war abgelenkt, sodass ich ihn mit meinem Schwert an der Wade treffen konnte. Er zischte unterdrückt. Seinen nächsten Schlag sah ich nicht kommen und schaffte es auch nicht mehr, rechtzeitig auszuweichen. Sein Säbel durchschnitt die Haut an meinem Oberarm. Ich ließ mir keinerlei Schmerzen anmerken und ging wieder auf Abstand.

„Du hast viel dazugelernt, Talion. Ich kenne deinen Kampfstil nicht, aber er ist sehr elegant und treffsicher." Rûk schien beeindruckt zu sein.

Ein leises Lächeln zog sich über mein Gesicht. „Du aber auch, Rûk. Du bewegst dich mit einer Schnelligkeit, die ich vorher noch nie gesehen habe."

Wir trafen erneut aufeinander, diesmal mit noch mehr Verbissenheit. Kurz, bevor ich ihn erreichte, wechselte ich mein Schwert in die andere Hand. Es war deutlich von Vorteil, dass ich gelernt hatte, mit beiden Händen zu kämpfen.

Rûks Angriff zielte nämlich auf meine rechte Hand ab, in der sich eben noch das Schwert befunden hatte. Jetzt hielt ich es aber mit der Linken. Er hatte keine Zeit mehr, seinen Angriff zu ändern und so war er mir ausgeliefert. Mit einem Schrei stieß ich mich ab und flog die letzten Meter auf ihn zu. In der Luft drehte ich mich noch einmal, sodass Rûks Angriff ins Leere ging, dann traf ich ihn mit meinem Schwert unterhalb der Rippen. Ich hinterließ einen langen Kratzer, der aber nicht so schief zu sein schien. Schnell ging ich wieder auf Abstand.

Schwer atmend standen wir uns gegenüber. Rûk blutete deutlich mehr, dafür war ich erschöpfter. Es war keine Frage, wir waren einander ebenbürtig.

Erst jetzt bemerkte ich die Stille, die sich über den Kampfplatz gelegt hatte. Keine Jubelrufe. Niemand feuerte uns an. Die Krieger starrten einfach nur erstaunt auf unseren Kampf. Wahrscheinlich hatten sie nie etwas Vergleichbares gesehen.

Ich sah es in Rûks Augen. Er bereitete sich auf seinen letzten Angriff vor. Also nahm auch ich meine Position ein und sammelte Kraft. Würde ich diesem Angriff nicht standhalten, wäre unser Volk verloren. Ich musste es schaffen. Ich spürte, wie sich die Atmosphäre änderte.

Die Luft war aufgeladen von unserer Entschlossenheit. Jeder von uns wollte unbedingt gewinnen. Ich drückte mich vom Boden ab und rannte auf Rûk zu. Er kam mir entgegen, schnell wie nie zuvor. Ich blockte seinen ersten Angriff und versuchte währenddessen, selbst einen Treffer zu landen. Es gelang mir nicht. Auch Rûk hatte Schwierigkeiten, an meiner Abwehr vorbeizukommen.

Schließlich wagten wir beide einen mutigen Schritt. Wir ließen unsere Verteidigung fallen und führten einen letzten Angriff aus.

Rûks Säbel traf mich am Kopf und ich sackte nach hinten. Mit aller Macht versuchte ich, wieder aufzustehen, doch ich konnte nicht. Von weiter Ferne meinte ich, Rûk schreien zu hören, doch ich wusste nicht, ob ich es mir vielleicht nur eingebildet hatte. Dann wurde alles dunkel.

957 Wörter 


You are reading the story above: TeenFic.Net